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Ernährungsberatung bei zystischer Fibrose

CF: Bedarfsgerechte Ernährung erfordert individuelle Beratung

  • Ernährungsempfehlungen für Personen mit zystischer Fibrose werden grundsätzlich gemeinsam mit dem multidisziplinären Behandlungsteam individuell an die altersentsprechende Entwicklung, den Geschmackssinn und Freizeitaktivitäten angepasst.
  • Die CF-Ernährungsberatung ist aber auch im Wandel, da sie durch moderne Therapiekonzepte und gesellschaftliche Trends beeinflusst wird.
  • Moderne Ernährungskonzepte bei CF sind individuell, gesund, bedarfsgerecht, vollwertig, nährstoffreich und energieangepasst.

Die Aufgaben von ErnährungsberaterInnen, die Personen mit zystischer Fibrose (CF, Mukoviszidose) betreuen, haben sich in den letzten Jahren deutlich verändert und sind vielfältiger geworden. Zum einen können moderne CF-Therapien das Allgemeinbefinden, die Verdauung, das Körpergewicht und die Leistungsfähigkeit verbessern. Zum anderen werden inzwischen Personen mit zystischer Fibrose in unterschiedlichen Altersgruppen und Lebensphasen, mit verschiedenen Biografien, Freizeitaktivitäten sowie Ernährungsbedürfnissen begleitet. Deshalb erfordert die bedarfsgerechte CF-Ernährung nicht nur eine individuelle Beratung, sondern auch eine multidisziplinäre Zusammenarbeit aus Ernährungsberatung, Medizin, Physio- und Sporttherapie.

Seit April 2023 finden daher virtuelle Fortbildungsangebote rund um das Thema „Ernährung und CF“ statt, um die veränderte Rolle der Ernährungsberatung im Kontext dieser verbesserten Behandlungsmöglichkeiten zu diskutieren und den interdisziplinären Austausch zu fördern. ExpertInnen aus verschiedenen Disziplinen bieten zudem Einblicke in ihren beruflichen Alltag und Lösungsansätze für dort entstehende Herausforderungen. Wir fassen Ihnen die wichtigsten Inhalte der vergangenen Workshops zusammen.

    Der Energiebedarf von Menschen mit CF richtet sich grundsätzlich nach dem Ausgangsgewicht und der Gewichtsentwicklung. Im ersten Lebensjahr wird er an eine altersentsprechende Entwicklung und Gewichtsstabilisierung angepasst. So haben etwa Kleinkinder mit Mukoviszidose einen besonders erhöhten Energiebedarf, wenn sie häufig an Atemwegsinfekten leiden. Angehörige müssen mit der Enzymersatztherapie vertraut werden und lernen, die Mengen zu berechnen. Die Einnahme von Elektrolyten, Vitaminen und Salz ist individuell zu bestimmen.

    Ab dem Grundschulalter kann der Anteil der CF-Betroffenen, die normalgewichtig sind – unter anderem aufgrund moderner Therapien – ansteigen. Der Energiebedarf ist dann vom Ausgangsgewicht, von der Therapiewahl und gegebenenfalls von Therapieumstellungen abhängig. Die Entwicklung von individuellen Ernährungsplänen erfordert daher ein hohes Maß an interdisziplinärer Zusammenarbeit. Wird eine Person mit CF, egal welchen Alters, übergewichtig, ist eine rasche Umstellung der Ernährung mit individueller Anpassung des Energiebedarfs erforderlich, auch um etwa Störungen des Zuckerstoffwechsels zu vermeiden.1

    Natürlich ist es schwer, über Jahre und Jahrzehnte gefestigte Gewohnheiten zu verändern. Aber schon einfache Tricks wie der Wechsel auf fettreduzierte Milchprodukte, der Verzicht auf süße Limos oder die Erhöhung des Gemüseanteils können dazu beitragen, das Gewicht zu verringern.

    Die Vorlieben im Geschmack entwickeln sich erst im Laufe der Zeit: Sind die Präferenzen für die Geschmacksrichtungen süß und „umami“ (vollmundig, herzhaft) bereits angeboren, werden die Richtungen sauer und bitter zunächst abgelehnt. Der Geschmackssinn für salzige Nahrungsmittel entwickelt sich etwa bis zum 4. Lebensmonat. Dennoch werden Ernährungsmuster und Geschmacksprägungen bereits sehr früh beeinflusst. Zu den Faktoren gehören neben der Ernährungsweise der Mutter auch Aromen und Geschmackskomponenten von Muttermilch, Flaschennahrung und Beikost. Spätestens in der Beikostphase sollten Kinder gezielt an eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung herangeführt werden. Gerade vor dem Hintergrund der deutlich verbesserten Prognose ist es heutzutage für ErnährungsberaterInnen wichtig, Säuglinge und ihre Eltern von Beginn an an eine CF-gerechte Ernährungsweise heranzuführen.

    Zudem prägen sowohl die Mutter-Kind-Beziehung als auch der Erziehungsstil der Eltern das Ernährungsverhalten.2 Dabei fördert der sogenannte autoritative Erziehungsstil, der von viel Kontrolle einerseits und viel emotionaler Wärme andererseits geleitet wird,3 den bedarfsgerechten Umgang mit Lebensmitteln und mit Ernährung allgemein. Bei Erziehungsstilen, die dem Kind oft viel Freiraum lassen, muss die Notwendigkeit einer regelmäßigen Enzymgabe angesprochen werden.

    Nicht zuletzt sollten soziale und kulturelle Einflussfaktoren in der Ernährungsberatung berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise die finanziellen Mittel, die den Familien für die Ernährung zur Verfügung stehen. Weiterhin kann die Betreuung teilweise durch das mangelnde Verständnis für das Krankheitsbild CF an sich erschwert sein. Daher ist es wichtig, dass insbesondere Eltern von Kindern mit zystischer Fibrose, die zunächst scheinbar gesund wirken, die Notwendigkeit einer Ernährungsberatung und einer umfassenden, konsequenten Therapie erkennen.

    Ernährungsgewohnheiten verändern sich außerdem im Laufe des Älterwerdens, zum Beispiel mit einer neuen Körperwahrnehmung in der Pubertät. Neben dem persönlichen Geschmack nehmen aber auch gesellschaftliche Trends Einfluss: So bevorzugen immer mehr Menschen eine pflanzenbetonte Ernährung. Sie verringern ihren Fleischkonsum oder stellen ganz auf vegetarische oder vegane Ernährung um. Eine vegetarische Ernährung kann bei einer gut ausgewählten Zusammenstellung der Lebensmittelgruppen bedarfsdeckend an Energie, Hauptnährstoffen (Eiweiß, Fett, Kohlenhydraten), Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sein. Eine vegane Ernährung schließt mehrere Lebensmittelgruppen ganz aus und stellt eine große Anforderung und Herausforderung an die Auswahl und sachgerechte Kombination von Lebensmitteln, um den Bedarf an allen wichtigen Nährstoffen zu decken. Vor allem bei der veganen Ernährungsform sollte daher eine Beratung durch eine qualifizierte Ernährungsfachkraft zwingend erfolgen. Um diesen veränderten Anforderungen gerecht zu werden, wurde eigens eine Broschüre für Menschen mit CF entwickelt, die auf vegetarische und vegane Ernährung fokussiert ist.

    Der Energiebedarf wird auch von den täglichen Aktivitäten bestimmt. Fußballtraining, Fitness-Center, Joggen oder Gardetanzen – Menschen mit Mukoviszidose können und sollen genauso leidenschaftlich wie ihre Angehörigen, Freundinnen und Freunde Sport betreiben. Die Bedeutung einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Ernährungsberatung und Sport- und Physiotherapie wird daher zunehmen. Denn alle SportlerInnen, ob mit oder ohne CF, haben einen erhöhten Energiebedarf, der nicht durch eine Erhöhung der Fettmenge, sondern häufig durch vermehrte Eiweißzufuhr zu decken ist.

    Im Idealfall wird der erhöhte Eiweißbedarf über den Tag verteilt und in Form von proteinreichen, natürlichen Lebensmitteln eingenommen. Hochwertige Eiweißpräparate in Form von Fertigprodukten können eine sinnvolle Ergänzung zum Erreichen der Gesamteiweißmenge sein und können in zeitlicher Nähe zum Training konsumiert werden, wenn natürliche Lebensmittel nicht zur Verfügung stehen.4 Auch CF-Betroffene, die mit Sport ihr Körpergewicht stabilisieren oder abnehmen wollen, sollten ihren individuellen Eiweißbedarf kennen, um nicht in ein Defizit zu geraten. Zu beachten ist, dass das Körpergewicht allein nicht aussagekräftig ist. Mittels Bioimpedanzmessung kann die Verteilung der Körpermasse ermittelt werden, denn Muskelmasse, die durch Sport aufgebaut wird, wiegt mehr als Fett.

    ErnährungsberaterInnen sind in ihrem beruflichen Alltag häufig mit Bauchbeschwerden bei CF konfrontiert. So entwickeln 85 % aller Menschen mit zystischer Fibrose bereits vor dem zwölften Lebensmonat eine exokrine Pankreasinsuffizienz (ePI) – mit klassischen Symptomen wie Gedeihstörungen, Gewichtsverlust, Blähungen, Dyspepsie, lockeren, fauligen, öligen Stühlen und Fetträndern in der WC-Muschel. Zur Diagnostik wird in der Regel die fäkale Elastase 1 (FE-1) im Stuhl bestimmt. Liegt ihr Wert vor dem Alter von 4 Monaten unter 200 μg/g Stuhl, besteht eine schwere ePI, die eine Enzymersatztherapie erfordert. Eine Suffizienz ist im Gegenzug aber nicht mit einer normalen Pankreasfunktion gleichzusetzen: 1-2 % der regulären Organfunktion reichen aus, um ohne Enzymtherapie das Gewicht halten zu können.5

    Weiterhin ist Mukoviszidose mit einer chronischen, niedriggradigen Entzündung des Gastrointestinaltrakts und Veränderungen des intestinalen Mikrobioms verbunden.6 Besonders das fäkale Calprotectin, das neben anderen als Entzündungsmarker im Stuhl gemessen wird, ist bei CF-Betroffene mit ePI dramatisch höher als bei Personen mit CF und suffizienter Pankreasfunktion.7 Zudem weisen CF-Betroffene im Vergleich zu Menschen ohne Mukoviszidose ein fünffach erhöhtes Risiko für die Entstehung eines kolorektalen Karzinoms auf.8

    Zur Einordnung der Bauchbeschwerden wurde der CFAbd-Score entwickelt – der erste CF-spezifische Fragebogen für abdominelle Probleme.9 Die abgefragten Domänen sind Schmerzen, Stuhlprobleme, Appetit und Nahrungsaufnahme, gastrointestinaler Reflux und durch gastrointestinale Probleme eingeschränkte Lebensqualität. Je höher der Wert, desto höher sind die von den CF-Betroffenen berichteten Belastungen.10 Der CFAbd-Score wird zunehmend im klinischen Alltag eingesetzt und bestehend weiterentwickelt.

    Praktische Materialien für den Berufsalltag

    Die Broschüren für Menschen mit CF und normalem sowie erhöhtem Energiebedarf enthalten leicht nachkochbare Rezepte für alle Altersgruppen und Ernährungsgewohnheiten. Für Personen mit zystischer Fibrose, die eine pflanzenbetonte Ernährung bevorzugen, wurde eigens eine Broschüre mit vegetarischen und veganen Rezepten entwickelt. Die Nährwertberechnungen sind zu jedem Rezept detailliert angeführt. Mit der beigelegten Enzymdrehschreibe kann außerdem der individuelle Enzymbedarf errechnet werden.

    In allen Broschüre finden sich Rezepte für Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie für Snacks und Zwischenmahlzeiten. Da moderne CF-Medikamente immer zusammen mit fetthaltigen Mahlzeiten eingenommen werden müssen, sind in den Broschüren auch zahlreiche Rezepte für abwechslungsreiche fetthaltige Mahlzeiten und Snacks enthalten.

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    Ernährungsbroschüre Gelb

    Normaler Energiebedarf

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    Ernährungsbroschüre Grün

    Vegetarisch/vegane Ernährungsweise

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    Ernährungsbroschüre Blau

    Erhöhter Energiebedarf

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    Weitere schnelle Anregungen für den Speiseplan, einen Leitfaden für gesunde Fette und eine Gegenüberstellung von gesunden und ungesunden Fetten finden Sie in unseren Factsheets.

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    Anregungen für den Speiseplan

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    Leitfaden für gesunde Fette

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    Gesunde Fette vs. ungesunde Fette

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    Das Workshop-Format „Ernährungsberater im Dialog“ findet regelmäßig statt. Erhalten Sie in Kürze weitere Informationen über die jeweils nächste Veranstaltung und registrieren Sie sich für die Teilnahme am Webinar.

    Bitte halten Sie mit Ihrer Ärztin/Ernährungberaterin oder Ihrem Arzt/Ernährungberater Rücksprache, um Ihren individuellen Energiebedarf bei Ihrer Ernährung zu bestimmen.

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      1. Bell SC et al. The Future of Cystic Fibrosis Care: A Global Perspective. Lancet Respir Med. 2020;8(1):65-124.

      2. Reitmeier S. Ernährungssozialisation in der frühen Kindheit. Ernährungs Umschau International. 2014;7:116-122.

      3. Baumrind D. Effects of Authoritative Parental Control on Child Behavior. Child Development. 1966;37(4):887-907.

      4. Singh VK, Schwarzenberg SJ. Pancreatic insufficiency in Cystic Fibrosis. J Cyst Fibros. 2017;16:S70-S78.

      5. Tam RY, van Dorst, JM, McKay I et al. Intestinal Inflammation and Alterations in the Gut Microbiota in Cystic Fibrosis: A Review of the Current Evidence, Pathophysiology and Future Directions. J Clin Med. 2022;11(3):649.

      6. Adriaanse MPM, van der Sande LJTM, van den Neucker AM et al. Evidence for a Cystic Fibrosis Enteropathy. PLoS One. 2015;10(10):e0138062.

      7. Birch RJ, Peckham D, Wood HM et al. The risk of colorectal cancer in individuals with mutations of the cystic fibrosis transmembrane conductance regulator (CFTR) gene: An English population-based study. J Cyst Fibros. 2023;22(3):499-504.

      8. Mainz JG, Lester K, Elnazir B et al. Reduction in abdominal symptoms (CFAbd-Score), faecal M2-pyruvate-kinase and Calprotectin over one year of treatment with Elexacaftor-Tezacaftor-Ivacaftor in people with CF aged ≥12 years – The RECOVER study. J Cyst Fibros. 2023; E-Pub: 2023/10/07.

      9. Jaudszus A, Pfeifer E, Lorenz M et al. Abdominal Symptoms Assessed With the CFAbd- Score are Associated With Intestinal Inflammation in Patients With Cystic Fibrosis. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 2022;74(3):355-360.

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