Petrischale mit Keimen

Multiresistente Keime bei Mukoviszidose

Resistenzen auf dem Vormarsch

  • Durch den Prozess der Evolution können sich einzelne Bakterien mit zufälligen Überlebensvorteilen gegenüber angewendeten Antibiotika im Laufe der Zeit zu einem resistenten Bakterienstamm entwickeln.
  • Bei der Behandlung von bakteriellen Infektionen bei CF mit Antibiotika ist es wichtig, zuvor den Bakterienstamm und seine möglichen Resistenzen zu bestimmen.
  • Menschen mit CF sind aufgrund der Erkrankung und den damit verbundenen häufigen Aufenthalten im Krankenhaus besonders anfällig für multiresistente Erreger.
  • Hygiene und räumliche Trennungen können die Ausbreitung multiresistenter Keime einschränken. Zudem wird an neuen Ansätzen für Medikamente zu ihrer Bekämpfung geforscht.

Menschen mit Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) sind deutlich anfälliger für Entzündungen in der Lunge und werden deswegen häufiger medikamentös behandelt. Dadurch erhöht sich ihr Risiko, mit sogenannten multiresistenten Erregern infiziert zu werden.1-3 Doch auch bei Personen ohne CF treten Infektionen mit multiresistenten Keimen weltweit immer häufiger auf.1 Sie sind besonders gefürchtet, da sie mit schwerwiegenderen Krankheitsverläufen und aufwändigeren Behandlungen verbunden sind.4,5 Gerade für CF-Betroffene kann es daher wichtig sein zu verstehen, was „Multiresistenz" bedeutet und welche Schutzmaßnahmen zur Verfügung stehen.

Evolution im Zeitraffer

Der Begriff „multiresistent“ beschreibt Erreger wie Bakterien und Pilze, bei denen eine Vielzahl von Medikamenten nicht mehr wirkt. Sie sind dann gegen diese resistent.1,6 Doch wie schaffen es die Keime, dass Wirkstoffe ihnen nichts mehr anhaben können? Die Antwort liegt im gleichen Prozess, der Menschen den aufrechten Gang ermöglicht hat: der Evolution. Im Laufe der Evolution setzen sich bestimmte Eigenschaften innerhalb einer Spezies durch, wenn sie einen Überlebensvorteil mit sich bringen. Im Umkehrschluss üben widrige Bedingungen, die das Überleben bedrohen, einen Druck auf die Spezies aus, sich anzupassen.
Im Falle von Bakterien kann dieser Druck durch den häufigen Einsatz von Antibiotika entstehen.6 Bakterien, die durch zufällige Veränderungen in ihrer Erbinformation dazu in der Lage sind, sich der Wirkung des Antibiotikums zu entziehen, zum Beispiel in dem sie sich in schützenden Biofilmen zusammenschließen oder das Antibiotikum abbauen, haben nun einen Vorteil: Sie können sich weiterhin vermehren.7 Diesen Vorteil geben sie automatisch an die nächste Generation weiter und es entstehen resistente Bakterienstämme. Da Bakterien sich sehr schnell vermehren, passiert hier Evolution in kurzer Zeit. In der Folge können Antibiotika bei bestimmten Bakterien ihre Wirkung verlieren und es müssen immer neuere Medikamente eingesetzt werden, um die Erreger erfolgreich in Schach zu halten. Doch auch gegen diese können die Bakterien im Laufe der Behandlung Resistenzen ausbilden – es kommt zu einer Multiresistenz.6

MRSA oder doch nur gewöhnlicher S. aureus?

Es ist also möglich, dass Antibiotika-Resistenzen sich erst über einen längeren Behandlungszeitraum hinweg ausbilden, sodass es von Bakterien wie Staphylococcus aureus nicht-resistente und resistente Stämme gibt, beispielsweise Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA).4 Wird bei Menschen mit Mukoviszidose eine bakterielle Infektion festgestellt, muss daher zunächst einmal bestimmt werden, ob eine Infektion mit einem multiresistenten Keim wie z. B. MRSA vorliegt, und anschließend überwacht werden, ob sich möglicherweise eine Resistenz entwickelt. Hierzu werden Bakterien aus einer Probe – zum Beispiel Sputum oder ein Rachenabstrich – im Labor gezüchtet und testweise mit verschiedenen Antibiotika behandelt. Anschließend wird nachgeschaut, bei welchen Antibiotika das Wachstum der Bakterien gehemmt wird, auf welche sie also sensibel (S) reagieren. Hat das Antibiotikum hingegen keinen Effekt auf sie, sind die Bakterien resistent (R). So werden die Wirkstoffe bestimmt, die für die Therapie eingesetzt werden können. Das Ergebnis dieser Untersuchung erhalten Patientinnen und Patienten meist in Form eines Befunds ausgehändigt.8

Multiresistente Keime und CF

Resistenzen entwickeln sich vor allem an Orten, wo Medikamente gegen Bakterien und Pilze dauerhaft im Einsatz sind, wie zum Beispiel in der Viehzucht, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen.6 Dementsprechend sind Menschen mit CF gleich doppelt vorbelastet: Zum einen sind sie aufgrund des Schleims in ihrer Lunge generell anfälliger für Lungeninfektionen und müssen daher oft langfristig mit Antibiotika behandelt werden.1-3 Zum anderen befinden sie sich aufgrund ihrer chronischen Erkrankung auch häufiger in Gesundheitseinrichtungen wie Arztpraxen oder Krankenhäusern, in denen die Möglichkeit besteht, sich mit weiteren Keimen anzustecken. Die regelmäßigen Termine in CF-Zentren und auch die konsequente Behandlung von bakteriellen Infektionen sind natürlich aber sehr wichtig. Deshalb sollte darauf geachtet werden, dass infizierte Patientinnen und Patienten dort keinen Kontakt zu anderen Betroffenen haben. Andere vorbeugende Maßnahmen, um eine Besiedlung mit multiresistenten Keimen zu vermeiden, entsprechen den allgemeinen Schutzvorkehrungen gegen Lungeninfektionen bei CF: Hygienestandards beachten9 und durch schleimlösende Therapien wie Inhalation oder physiotherapeutische Übungen den Nährboden für multiresistente Keime in der Lunge gering halten.2

Kind beim Händewaschen

Gemeinsam gegen resistente Erreger

Während man selbst vor allem dafür sorgen kann, sich nicht anzustecken, wird von Seiten der Medizin versucht, schon die Entwicklung und Ausbreitung resistenter Bakterienstämme zu verhindern. Eine Strategie ist, Wirkstoffe nur gezielt bei Bedarf anzuwenden. Deshalb werden zum Beispiel Infektionen mit Staphylococcus aureus bei CF-Betroffenen nur unter bestimmten Umständen mit Antibiotika behandelt.10 Zusätzlich wird aber auch große Hoffnung auf die Entwicklung neuer Wirkstoffe gesetzt. Hier ist Kreativität gefragt: Forscher versuchen, sich natürliche Feinde von Erregern zunutze zu machen. So gibt es zum Beispiel Viren, die ausschließlich Bakterien befallen und für den Menschen ungefährlich sind, sogenannte Bakteriophagen.3 Der Bedarf an neuen Medikamenten ist so groß, dass die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization, WHO) zusammen mit drei weiteren internationalen Vereinigungen jedes Jahr im November in einer Aktionswoche, der World Antimicrobial Resistance Awareness Week, auf die Problematik aufmerksam macht.11,12 Denn eins ist klar: Diese Herausforderung betrifft nicht nur Menschen mit CF und kann von der Welt nur gemeinsam gemeistert werden.

    1. Flume PA et al. Antimicrobial resistance in cystic fibrosis: Does it matter? J Cyst Fibros. 2018;17(6):687–689.

    2. Manos J. Current and Emerging Therapies to Combat Cystic Fibrosis Lung Infections. Microorganisms. 2021;9(9):1874.

    3. Drevinek P et al. New concepts in antimicrobial resistance in cystic fibrosis respiratory infections. J Cyst Fibros. 2022;21(6):937–945.

    4. Blanchard AC and Waters VJ. Microbiology of Cystic Fibrosis Airway Disease. Semin Respir Crit Care Med. 2019;40(06):727–736.

    5. Diaz Caballero J et al. Mixed strain pathogen populations accelerate the evolution of antibiotic resistance in patients. Nat Commun. 2023;14(1):4083.

    6. Anton C, editor. Evolutionsbiologische Bildung in Schule und Hochschule: Bedeutung und Perspektiven: Stellungnahme. Halle (Saale): Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina e.V. - Nationale Akademie der Wissenschaften, 2017.

    7. Pang Z et al. Antibiotic resistance in Pseudomonas aeruginosa: mechanisms and alternative therapeutic strategies. Biotechnol Adv. 2019;37(1):177–192.

    8. Rodloff A et al. Susceptible, intermediate, and resistant - the intensity of antibiotic action. Dtsch Arzteblatt Int. 2008;105(39):657–662.

    9. Perikleous EP et al. Antibiotic Resistance in Patients with Cystic Fibrosis: Past, Present, and Future. Antibiotics. 2023;12(2):217.

    10. Hammermann J et al. S3-Leitlinie: Mukoviszidose bei Kindern in den ersten beiden Lebensjahren, Diagnostik und Therapie. Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e.V. (GPP) und Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ); 2020

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