Nachteilsausgleich bei Behinderung

Mukoviszidose und Behinderung - wenn gesellschaftliche Solidarität gefragt ist

 

Zeitaufwändige Behandlungsmaßnahmen, physische und psychische Belastungen, Folgeerkrankungen – Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) kann die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auf vielfältige Weise einschränken. Je nach ‚Grad der Behinderung‘ haben Betroffene dann Anspruch auf einen Nachteilsausgleich. Auch wenn das Thema für manche schambesetzt ist und sie sich ungern als „Person mit Behinderung“ einstufen lassen möchten, lohnt es sich, zumindest über die Rechtslage Bescheid zu wissen.

Zu den wesentlichen Merkmalen von Solidargemeinschaften zählt es, dass sie allen ihren Mitgliedern die gleichen oder wenigstens vergleichbare Chancen für eine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bieten möchten. Konkret: Wer eine bestimmte Ausbildung durchlaufen, einen speziellen Beruf ergreifen, kulturellen oder sonstigen Interessen nachgehen möchte, soll dies in gleichem Maße tun können, wie alle anderen Individuen in der Gesellschaft auch. Umgekehrt bedeutet dies: Wer Nachteile hat und beispielsweise

  • hilfsbedürftig ist,
  • sich nur eingeschränkt bewegen kann und eventuell auf Geräte wie einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist oder
  • beim Arbeiten eingeschränkt ist,

hat Anspruch auf Unterstützung. Dieser Gedanke steckt hinter mehreren Gesetzen und Verordnungen, die den Nachteilsausgleich bei Behinderungen regeln.

Grad der Behinderung und Merkzeichen

Als Behinderung gelten in diesem Zusammenhang gesundheitliche Störungen von mindestens sechsmonatiger Dauer, die die Funktion in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen beeinträchtigen. Dabei kann die Beeinträchtigung sowohl durch körperliche als auch durch geistige, psychische oder soziale Einschränkungen zustande kommen.1 Das Ausmaß der Beeinträchtigung wird mit dem Grad der Behinderung beschrieben, kurz GdB. Er kann in 10er-Schritten Werte bis 100 annehmen, wobei Menschen ab einem GdB von 50 als schwerbehindert gelten und einen Schwerbehindertenausweis beantragen können.2

Der GdB kann bei zusätzlichen Einschränkungen um so genannte Merkzeichen ergänzt werden. Dazu zählen unter anderem:1,2

  • aG: Dieses Merkzeichen kennzeichnet eine außergewöhnliche Gehbehinderung (die Person ist zum Beispiel selbst bei kurzen Strecken auf einen Rollstuhl angewiesen).
  • H: Die Person hat Hilfebedarf bei mindestens drei Verrichtungen des täglichen Lebens, wie Körperpflege, Ernährung oder Mobilität.
  • G: Die Person hat erhebliche Einschränkungen bezüglich der Bewegungsfähigkeit im Verkehr, etwa aufgrund eines versteiften Beines oder einer schweren Lungenfunktionsstörung.
  • B: Die Person ist zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Hilfe angewiesen.

     

    Wie kommen Sie als Person mit Mukoviszidose nun an den GdB und gegebenenfalls an die Merkzeichen? Dazu müssen Sie einen Antrag stellen, und zwar bei der nach Landesrecht zuständigen Behörde, meist dem Versorgungsamt.2 Wie hoch der GdB ausfällt, hängt natürlich vom Einzelfall ab, allerdings gibt es in der Versorgungsmedizin-Verordnung eine GdB-Tabelle mit Anhaltspunkten1

     

    Die GdB-Tabelle Mukoviszidose
    Aktivitäten, Gedeihen und Ernährung sind unter Therapie altersgemäß20
    Aktivitäten und Lungenfunktion sind unter Therapie leicht eingeschränkt, Gedeihen und Ernährung noch altersgemäß30 - 40
    Aktivitäten und Lungenfunktion sind deutlich eingeschränkt, Gedeih- und Entwicklungsstörungen häufig, Schulbesuch und Erwerbstätigkeit sind in der Regel noch möglich50 - 70
    Aktivitäten, Lungenfunktion und Ernährungszustand sind schwer bis schwerstens eingeschränkt80 - 100
    Etwaige Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Leberzirrhose  werden zusätzlich berücksichtigt. Merkzeichen werden ergänzt, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind.

    Welche Leistungen gibt es?

    Der Umfang des Nachteilsausgleichs richtet sich danach, wie hoch der GdB ist und welche Merkzeichen ihm beigestellt sind. Zu den Lebensbereichen, in denen dann Unterstützung gewährt wird, zählen:2

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    wecker
     

    Arbeit und Beruf:

    In Abhängigkeit vom GdB können Berechtigte etwa von Mehrarbeit freigestellt werden – müssen also nicht länger als acht Stunden pro Werktag arbeiten, wenn sie dies nicht wollen3 –, sie erhalten zusätzlichen Urlaub oder besonderen Kündigungsschutz oder haben Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung.

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    Kalender
     

    Kommunikation:

    Besteht ein Anspruch, erhalten Personen zum Beispiel eine Ermäßigung auf den Rundfunkbeitrag („GEZ“) oder werden von der Beitragspflicht befreit oder können bei einem Telefonanbieter vergünstigte Tarife beantragen.

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    Pfeil nach oben
     

    Mobilität:

    Hier geht es beispielsweise um die vergünstigte oder kostenlose Beförderung in öffentlichen Verkehrsmitteln, eine kostenfreie Sitzplatzreservierung in der Bahn, um Ausnahmen beim Befahren von Umweltzonen etc.

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    Bakterien
     

    Steuerliche Veranlagung:

    Je nach GdB können Steuerermäßigungen geltend gemacht werden. Sie reichen von 384 € bis zu 2.840 € für einen GdB zwischen 20 und 100, zusätzliche Steuerfreibeträge können für Merkzeichen angesetzt werden. Ein weiteres Beispiel aus dieser Kategorie sind Vergünstigungen bei der Steuer für Kraftfahrzeuge.

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    Insel mit Palme
     

    Wohnen:

    In diesen Bereich fallen Freibeträge beim Wohngeld und bei der sozialen Wohnraumförderung, Schutz vor Wohnungskündigung, die Erlaubnis zum barrierefreien Umbau in Mietwohnungen etc.

    Tipp: Lassen Sie sich vom Sozialdienst beraten

    Diese Beispiele zeigen: Es kann sehr hilfreich sein und den Alltag erleichtern, wenn man sich eine Behinderung bestätigen lässt und entsprechende Nachteilsausgleiche beantragt. Letzteres ist wichtig, denn beispielsweise der Schwerbehindertenausweis allein berechtigt noch nicht automatisch dazu, einen Nachteilsausgleich in Anspruch zu nehmen. Wer also sein Fahrzeug auf einem Behindertenparkplatz abstellen möchte, braucht dazu einen zusätzlichen Ausweis (den "blauen Sonderparkausweis").4 In jedem Fall sollten Sie sich beim Sozialdienst Ihrer CF-Ambulanz dazu beraten lassen. Alternativ oder ergänzend können Sie auch die  Sozialberatung des Mukoviszidose e.V.  kontaktieren. Bitte bedenken Sie dabei: Nachteilsausgleiche sind kein Almosen, sondern Leistungen, die Ihnen aus gutem Grund zustehen!

      1. Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Versorgungsmedizin-Verordnung. Stand Mai 2020.

      2. Sozialverband Deutschland e.V. Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen. Stand Januar 2021.

      Bitte geben Sie die Chargen-Nummer Ihres Medikaments ein.

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