Lungenfunktion und Spirometrie

Gesundheitskompetenz

Bewertung

2.7/5

„Jetzt bitte mal kräftig pusten!“

  • Lungenfunktionstests zählen zu den wichtigsten regelmäßigen Untersuchungen bei Mukoviszidose.
  • Messgrößen sind verschiedene Rauminhalte in der Lunge sowie die Stärke des Atemflusses.
  • Bei üblichen Messtechniken müssen Betroffene mitarbeiten; wenn dies nicht möglich ist – beispielsweise bei Babys – kommen spezielle Verfahren zum Einsatz.
  • Die Ergebnisse dokumentieren die Leistungsfähigkeit der Lunge und erlauben es, die Wirksamkeit von Therapien zu beurteilen bzw. Behandlungsmaßnahmen an den aktuellen Zustand anzupassen.

Menschen mit Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) sollten regelmäßig ihre Lungenfunktion testen lassen.1 Dabei werden verschiedenste Messwerte erhoben, deren Bedeutung sich vielleicht nicht sofort erschließt. Ein kleiner Exkurs zum Thema Spirometrie.

Wenn Sie diesen Text zu Ende gelesen haben, werden Sie je nach Alter zwischen 60 und 90 Atemzüge gemacht haben.2 Sie werden eher ruhig und flach geatmet haben, es sei denn, Sie wollten zwischenzeitlich Ihre Brille aus dem obersten Stockwerk holen. In solchen Situationen wird Ihre Atmung tiefer und schneller, weil bei vermehrter körperlicher Aktivität der Sauerstoffbedarf des Körpers steigt.

Die Atmung an solche Belastungen anzupassen, das fällt umso leichter, je kräftiger die Atemmuskulatur, je elastischer die Lunge ist und je freier die Atemwege sind. Umgekehrt können Erkrankungen wie Mukoviszidose die Atmung einschränken, etwa wenn die Bronchien verengt sind oder das Lungengewebe verändert ist. Ob eine solche Einschränkung vorliegt, wie ausgeprägt sie ist, wie sie sich im Krankheitsverlauf entwickelt und wie gut eine Therapie wirkt, all das lässt sich im Rahmen eines Lungenfunktionstests messen.3 Ein gängiges Verfahren dazu ist die Spirometrie.3 Dabei werden Messwerte zum Lungen- und Atemvolumen sowie zum Atemfluss erhoben.3

 

Rauminhalte der Lunge – die Volumen-Messwerte

Doch kommen wir noch einmal auf das Lesen zurück. Bei dieser Tätigkeit weiten Sie zum Einatmen den Brustkorb und die Lunge nur wenig – man spricht von normaler Einatmung – und inhalieren als erwachsene Person etwa 0,5 l Luft, das so genannte Atemzugvolumen. Anschließend sinken Brustkorb und Lunge wieder so weit zusammen, wie es deren eigene Elastizität vorgibt, sodass die Luft passiv aus der Lunge gepresst wird. Sie befinden sich dann in der Atemruhelage. Aber natürlich hat Ihre Lunge darüber hinaus noch Etliches an Reserven aufzubieten.4

Um diese Reserven zu ermitteln, werden Sie bei der Spirometrie gebeten, unter Aufbietung aller Kräfte durch das Messgerät zu atmen. Wenn Sie etwa im Anschluss an die ‚normale Einatmung‘ so fest wie möglich inhalieren, erhält man das inspiratorische Reservevolumen (IRV, ca. 3 l), beim Ausatmen im Anschluss an die Atemruhelage das exspiratorische Reservevolumen (ERV, ca. 1,5 l). Die Reservevolumina und das Atemzugvolumen ergeben zusammen die so genannte Vitalkapazität (VC), das heißt, jenen Raum der Lunge, der für die Atmung zur Verfügung steht. Es gibt in der Lunge noch einen Raum, der für die Atmung allerdings nicht zugänglich ist und zu dessen Messung ein spezielles Verfahren notwendig ist. Er wird als Residualvolumen bezeichnet und umfasst ca. 1,5 l. Gemeinsam mit der Vitalkapazität bildet er die Totalkapazität, also das gesamte Lungenvolumen.4

 

Lungen- und Atemvolumina

modifiziert nach Quelle4

Bei Menschen mit Mukoviszidose weichen diese Lungenvolumina in der Regel von der Norm ab.4,5

 

Der Atemfluss – breiter Strom oder schmaler Bach

Auch wenn die Volumenverhältnisse geklärt sind, fehlen noch weitere wichtige Informationen, um die Leistungsfähigkeit der Lunge zu beurteilen. Schließlich nutzt ein noch so großes Organ nichts, wenn die Zugänge verengt sind und die Atemluft nur verzögert hindurchströmt – Atemnot unter Belastung wäre dann die Folge.6 Deshalb werden bei der Lungenfunktionsprüfung ein- und ausgeatmete Luftmengen auch in ein Verhältnis zur Zeit gesetzt und Flussgeschwindigkeiten gemessen.3

Die entsprechenden Werte erhält Ihre Ärztin oder Ihr Arzt, wenn Sie maximal einatmen und die Luft dann forciert – das heißt, schnellstmöglich – ausstoßen. Das Resultat ist das forcierte exspiratorische Volumen, innerhalb einer Sekunde, kurz FEV1. Der Wert gilt im Zusammenhang mit Mukoviszidose als einer der wichtigsten.5 Er ist bei Betroffenen üblicherweise erniedrigt, weil die erkrankungsbedingten Veränderungen an der Lunge den Atemwiderstand erhöhen.5 Allerdings erfasst er dabei in erster Linie die Situation in den größeren Atemwegen. Um auch den Widerstand in den kleineren Atemwegen zu erfassen8, misst man den forcierten exspiratorischen Atemfluss, nachdem 25, 50 und 75 Prozent der Vitalkapazität bereits abgeatmet sind (FEF25, FEF50, FEF75).3,5 Trägt man die Werte grafisch auf, ergeben sich charakteristische Kurven für eine normale oder pathologische Atemdynamik. Wichtige Begriffe in diesem Zusammenhang sind die forcierte (exspiratorische) Vitalkapazität (FVC) und der Peak Expiratory Flow (PEF). Die FVC bezeichnet das Atemvolumen, das nach maximaler Inspiration unter maximaler Anstrengung ausgeatmet werden kann3, während der PEF – zu deutsch Spitzenfluss – die maximal erreichbare Atemflussstärke bei forcierter Ausatmung darstellt.3

 

Volumen- und Flussmessungen

modifiziert nach Quelle3

 

Wann gelten Werte der Lungenfunktion als ‘normal‘ oder ‘krankhaft‘?

Die Antwort auf diese Frage hängt von mehreren Faktoren ab, unter anderem vom Geschlecht, dem Lebensalter, der Körpergröße und dem Gewicht.8 Um die Messergebnisse einer Lungenfunktionsprüfung beurteilen zu können, muss man sie daher mit Referenzwerten vergleichen, die bei großen Gruppen mit ähnlichen körperlichen Merkmalen ermittelt wurden. Im Falle der Referenzwerte der Global Lung Initiative wurden dazu 74.000 gesunde Personen zwischen 3 und 95 Jahren untersucht.8

In Abhängigkeit von den oben genannten Faktoren gibt es daher für jede Testperson ein Ergebnis in der Lungenfunktionsprüfung, das erreicht werden sollte – zum Beispiel eine bestimmte Einsekundenkapazität FEV1. Der Wert, den die Person dann tatsächlich erreicht, wird in ein prozentuales Verhältnis zum erwarteten Wert gesetzt – dies ergibt den ppFEV (percent predicted FEV1). Liegt der Wert bei 100 %, entspricht die Lungenfunktion der Testperson jener der Referenzgruppe, liegt er darunter, ist die Lungenfunktion im Vergleich zur Referenz schlechter.9

 

Lungenfunktionsmessung ohne aktive Mitarbeit

Ein Nachteil der Spirometrie ist, dass Patientinnen und Patienten aktiv mitarbeiten müssen. Kleine Kinder sind dazu aber kaum oder gar nicht in der Lage. Für sie gibt es ein Verfahren, mit dem sich wichtige Parameter der Lungenfunktion bei ganz normaler Ein- und Ausatmung messen lassen: den Multiple Breath Washout Test. Dabei lässt man die Patientinnen und Patienten mehrere Atemzüge (daher der Name Multiple Breath) mit einem Gemisch aus normaler Luft und einem speziellen, nicht gesundheitsschädlichen Gas machen.10 Anschließend misst man die Konzentration des speziellen Gases in der Ausatemluft, wiederum über mehrere Atemzüge hinweg. Aus den Werten können Expertinnen und Experten Rückschlüsse ziehen, wie gut sich das Gas in der Lunge verteilt und wieder abgeatmet werden kann. Je stärker die Atemwege verengt sind, umso ungleichmäßiger ist die Verteilung und umso länger dauert es, bis das Gas wieder abgeatmet werden kann.7 Der zugehörige Messwert wird LCI genannt, für Lung Clearance Index. Er wird in klinischen Studien vor allem bei Kindern als Parameter herangezogen, um Veränderungen der Lungenfunktion festzustellen.11

    1. Hammermann J et al. S3-Leitlinie: Mukoviszidose bei Kindern in den ersten beiden Lebensjahren, Diagnostik und Therapie. Berlin, DE: AWMF online, 2020.

    2. Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 267. Auflage. Berlin, DE: De Gruyter, 2017.

    3. Criée C-P et al. Leitlinie zur Spirometrie. Pneumologie. 2015;69:147-164.

    4. Horsley A and Siddiqui S. Putting lung function and physiology into perspective: cystic fibrosis in adults. Respirology. 2015;20(1):33-45.

    5. Walmrath D et al. Lungen- und Atemwegserkrankungen: Grundlagen der Atmung und des Gasaustauschs. Innere Medizin. München, DE: Elsevier, 2009:275–376.

    6. Stanojevic S et al. Multiple breath washout: measuring early manifestations of lung pathology. Breathe. 2021;17(3):210016.

    7. Baur X. Empfehlungen aktueller Referenzwerte für die Spirometrie und Ganzkörperplethysmografie. Pneumologie. 2013;67(07):401-405.

    8. Subbarao P et al. Multiple-Breath Washout as a Lung Function Test in Cystic Fibrosis. A Cystic Fibrosis Foundation Workshop Report. Annals ATS. 2015;12(6):932-939.

    9. Horsley A. Lung clearance index in the assessment of airways disease. Respir Med. 2009;103(6):793-799.

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